Africa 360°-Blog: Unterwegs | Ach, Afrika

Der erste Flugtag (Bielefeld - Belgrad):

Noch während des Fluges empfing ich via Textmessenger eine Nachricht von unserem Permission-Agenten mit folgendem Wortlaut:
„Sorry for sending u late, but safety situation in Sudan doesn‘t seem stable. I came across some videos and news military firing at demonstrations...“
Schlimmer hätte das alles nicht beginnen können.

Bildquelle: https://www.unicef.ch

Ach, Afrika!

Welch ungewöhnlichen Titel wählte Bartholomäus Grill für sein Buch, das er mit der Unterschrift „Berichte aus dem Inneren eines Kontinents“ versah.
Bartholomäus Grill verbrachte als Korrespondent Jahrzehnte in Afrika. So erhielt er Einblicke in das Innere dieses unvorstellbar intensiven, widersprüchlichen Kontinents, wie nur wenige vor ihm. Beim Lesen der über 400 Seiten ertappten wir uns immer wieder dabei zu hinterfragen, ob Herr Grill Afrika nicht negativer darstellt, als es aktuell in Wirklichkeit ist.

Mit diesem Respekt im Gepäck machten wir uns am 07. Juni 2019 wie geplant auf den Weg nach Afrika. Am ersten Tag flogen wir mit unserer „Bonnie“ bis nach nach Belgrad, um am Folgetag nach Kreta zu fliegen, und von dort den Absprung nach Afrika (Ägypten) zu wagen.
Zu diesem Zeitpunkt lagen uns sowohl die Ein- und Überfluggenehmigungen für Ägypten, den Sudan und Kenia vor, sodass wir uns rechtlich auf der sicheren Seite befanden.

Noch während des Fluges empfing ich via Textmessenger eine Nachricht von unserem Permission-Agenten mit folgendem Wortlaut:
„Sorry for sending u late, but safety situation in Sudan doesn‘t seem stable. I came across some videos and news military firing at demonstrations...“

Schlimmer hätte das alles nicht beginnen können.

Die Demonstrationen im Sudan waren uns natürlich bekannt. Und so standen wir ständig mit in Khartoum lebenden Einheimischen in Kontakt, um Infos aus erster Hand zu erhalten.
Eine derart deutliche Warnung bedeutete: Alarmstufe rot!
In Belgrad hieß es nun: Ruhe bewahren, die Optionen sorgfältig abwägen, schauen, welche Alternativen es gibt.
Eine Möglichkeit wäre gewesen, Sudan, entgegen der ursprünglichen Planung, als reinen Fuelstop zu sehen. Frühmorgens landen, auftanken und direkt weiter nach Lokichoggio in Kenia.
Dieses Vorhaben hätte einen Flugtag von mehr als 12 Stunden erfordert und barg das Risiko einer Nachtlandung. Nachts über derart entlegene Teile dieser Welt zu fliegen ist aus Risikomanagement-Sicht sicherlich nicht die beste Entscheidung.
Dennoch rechneten wir diese Alternative durch und befanden positiv, dass es machbar sein würde.
Fraglich jedoch war, ob die Sicherheit am Flughafen überhaupt gewährleistet wäre?

Dazu bezogen wir über unseren Permission-Agenten nahezu minütlich neuste Infos direkt aus Khartoum. Entgegen der Hoffnung einer Entspannung der Situation, stellte sich jedoch eine deutliche Verschlechterung ein.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete wie folgt: „… Soldaten dringen in Gebäude ein, plündern und vergewaltigen. Straßensperren machen Fahrten durch die Stadt kaum noch möglich. In den Sozialen Netzwerken kursieren viele Bilder von Soldaten, die Frauenunterwäsche auf ihre Gewährläufe gehängt haben.“
Während wir gemeinsam den Zeitungsartikel lasen, ungläubig und traurig die Köpfe schüttelten, entwich uns nahezu zeitgleich ein schmerzerfülltes, resignierendes: „Ach, Afrika“.

Nun konnten wir Bartholomäus Grill‘s Empfindungen teilen.
Zunächst Hoffnung, Freude, dann der tiefe Fall der Enttäuschung und der Trauer, ob dieses sinnlosen Massakers.
Ein Massaker, welches wir nur aus der Presse miterleben mussten – nun war man aber, wenn auch mit großer Distanz, erstmalig selbst betroffen – dieses Gefühl der Ohnmacht war sehr prägsam.
Während wir noch versuchten das Risiko eines reinen Fuelstops im Sudan abzuwägen, ereilte uns die nächste schlechte Nachricht:
für den Samstag wurden Generalstreiks in ganz Khartoum angekündigt.
Auf einen Schlag wurde unmittelbar klar, dass somit ein Durchfliegen des Sudanesischen Luftraums einem Spießrutenlauf gleichen würde – zu groß war das Risiko, dass die Flugsicherung ihre Arbeit einstellen würde und wir gezwungenermaßen mehrere Tage in Khartoum würden verbringen müssen. Ein Risiko, das wir unter keinen Umständen eingehen würden.

Die Letzte Möglichkeit blieb zu überlegen, den sudanesischen Luftraum zu umfliegen.
Das Problem hierbei: das ist mit einem Kleinflugzeug nahezu unmöglich. Konkret hätte dies bedeutet, von Hurghada in den Saudischen Luftraum einzufliegen, mit zwei Landungen in Jeddah, einer Landung auf einem nationalen Flughafen um Sprit zu tanken, dem anschließenden Weiterflug am Jemen vorbei nach Dschibuti und anschließendem Überflug Äthiopiens und Landung auf einem Flugplatz in Kenia ohne Sprit.
Ein sowohl hinsichtlich der Kosten als auch der Machbarkeit in der Kürze der Zeit nahezu unmögliches Unterfangen.

Uns wurde klar: mit der schwierigen Treibstoffversorgung in Saudi Arabien, der politisch höchst explosiven Situation im Sudan, war ein Flug mit einem Kleinflugzeug nach Kenia aktuell unmöglich geworden.

Und nun?

Kehrten wir zum Kern unseres eigentlichen Vorhabens zurück – zu unserer Motivation, weshalb wir diese Afrika 360° Reise überhaupt antraten.
Unter https://uht.world/der-abenteuer-kreuzflug-afrika-360 schrieben wir als Einleitung zu dieser Reise:

„Auf unserem Kreuzflug nach Afrika werden wir diesen wundervollen Kontinent von unvorstellbarer Schönheit, atemberaubender Mystik, unendlicher Weite und Tiefe, sowie trauriger Zerrissenheit aus der 360°-Perspektive entdecken.
Afrika‘s Schönheit, voller Abwechslung und Mythen wird uns in ihren Bann ziehen, dessen sind wir uns sicher. Wir wissen aber auch, dass es ein „anderes“ Afrika gibt, ein Afrika, das geprägt ist durch Kriege, Armut und Perspektivlosigkeit.“

Und hier lag Sie nun vor uns, zum Greifen nahe: Afrika‘s Perspektivlosigkeit

Weniger die Erkenntnis, nicht weiterfliegen zu können, als vielmehr das Bewusstsein, dass die Zerrissenheit Afrika‘s noch immer derart omnipräsent ist, ließ jeden von uns seinen eigenen, traurigen Gedanken nachhängen.
Nahezu zeitgleich spürten wir ein Aufbäumen, ein Funken der Hoffnung und die Gewissheit, dass wir es nicht bei dieser traurigen Erfahrung würden belassen wollen.
Im Gegenteil spürten wir nun die Verpflichtung zu zeigen, dass es eben auch die wundervollen Seiten Afrika‘s gibt, die Seiten „unvorstellbarer Schönheit, unendlicher Weite und Tiefe“.

Und damit ist klar:
die Umsetzung unseres Traumes geht weiter (sie hat bereits begonnen!) – vielleicht sogar mit noch mehr Intensität, Überraschungen und ungeahnten Schätzen.
Wir werden sehen und euch über unsere neuen Pläne auf dem Laufenden halten – schon jetzt berichten können wir aber, dass alle Charity-Projekte wie von uns zugesagt die entsprechende Unterstützung erhalten werden!
Bezüglich allem Anderen: bleibt weiterhin gespannt und folgt uns!

Wie gehen wir mit der Situation um? Wie sehen unsere Pläne aus? Erfahrt schon bald mehr!!


 

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